Saturday, August 01, 2009

Menschillionen,

Wie viele Menschen im Großraum Tokyo / Yokohama leben, wurde mir gestern wieder bewußt als sich gefühlt einige Millionen von ihnen zum alljährlichen Feuerwerk am 1. August in die Yokohama Bay aufmachten. Bereits ab 16:00 waren alle Züge voll besetzt, mit dem Auto hätte man eh kein Glück gehabt, denn alle Parkplätze für Autos wurden kurzerhand in Stellplätze für Menschen umgewidmet. Durch die Bahnhöfe pressten sich die Menschenströme, bunt in traditionelles Gewand gehüllt. Alle 3 Minuten nahm eine silberig glänzende Alu-Schlange ein paar hundert von ihnen auf, um sie nach einigen Minuten in dunklen Röhren ca. 20m unter dem Meeresspiegl an anderer Stelle stoßweise wieder auszuhusten. Für den geregelten Ablauf und die Lenkung der Menschenmasse sorgten Polizisten und Ordner mit deren "head count" man in Europe mühelos eine mittelgroße Kleinstadt gründen hätte können. Jedoch gehören Ordnung und Sicherheit hoch gehalten, und das ist manchnmal durchaus wörtlich zu nehmen.
Der Andrang führt dazu, dass "gute Plätze" schon am Vortag reserviert werden und die noch nicht vergebenen Ecken und Flecken ab ca. 14:00 besiedelt werden. Dabei scheint teils wichtiger zu sein, selbst am Boden sitzen zu können und die Bento mit den Essen auzubreiten, als wirklich etwas vom Spektakel zu sehen.
Wichtiger als etwas zu sehen, ist es natürlich per Handybild oder Video einen Beweis für die anzufertigen, die sich die Torturen diesmal ersparten und so nutzen ca. 117% der Anwesenden diese Möglichkeit und tragen so auch zur Beleuchtung der Nacht bei.
Bei all dem gilt es natürlich schnell zu sein, denn zu sehen (pardon, zu filmen) gibt es nur zwischen 19:00 und 20:00 Uhr etwas, gut das es hier mangels Sommerzeit und bedingt durch die Lage dann schon dunkel genug ist.
Nach dem letzen Böller beginnt dann die große Aufbruchstimmung und die Menschillionen wälzen sich zurück wo sie herkamen. Erwartungsgemäß führt dies zu noch mehr Andrang und Stau an allen Ecken und Enden. Der Japaner erträgt dies aber mit gewohnt stoischer Ruhe und stellt sich gern hinten an. Das führt dann dazu, dass an einem "3-Kabinen" Damenklo eine 50m lange Schlange ansteht, von denen die Wartenden ab Meter 30, zeitlich sicher besser beraten wären gleich die Rückreise anzutreten und die heimischen Sanitäranlagen zu nutzen. Dabei hab ich gnädigerweise die Zeit um aus dem Kimono raus und wieder rein zu kommen unberücksichtigt gelassen.
So wie frühes Kommen gute Plätze sichert, sorgt rechtzeitiges Verlassen der Veranstaltung für einen einigermaßen zügigen Abtransport. Interessant ist, dass viele diese Erkenntnis recht extrem auslegen und schon kurz nach Beginn zum Rückzug blasen. Der Rest erträgt die 2 Stunden für 1km Rückweg zum Bahnhof ganz brav und schießt an bestimmten Stellen im 10-Sekunden Takt Erinnerungsfotos. Da ich Zeit hatte konnte ich mir selbige lassen und die Leute, zuletzt noch vom Balkon des Hotelzimmers, beobachten und zwar in aller Ruhe, bis selbige dann gegen 0:00 Uhr wieder einkehrte als sei nie etwas gewesen.

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